Rollender Feldtag zum Hanfanbau 2024
Bereits zum zweiten Mal hat der Landschaftspflegeverband (LPV) den sogenannten rollenden Feldtag veranstaltet. Die Bustour zu verschiedenen Hanfschlägen fand am 10. September 2024 statt und bot wieder wertvolle Einblicke in den Hanfanbau und dessen vielfältige Anwendungsmöglichkeiten. Expert*innen aus unterschiedlichen Bereichen waren anwesend, darunter Vertreter*innen von Faserverarbeitungsunternehmen aus Brandenburg, dem LPV, Hanfbauern, Verarbeitern und Bürgern aus der Region. Themen wie Zulassungsverfahren für Baustoffe, Deklaration von Dämmstoffen aus Hanf und ökologische Richtlinien im Rahmen der Agrarförderung wurden diskutiert. Außerdem wurde in geselliger Runde bei hervorragender ortstypischer Soljanka viel gelacht und Erfahrungen ausgetauscht.
Erster Halt des Tages war ein Feld mit Winterhanf, der am 22. August 2024 gesät wurde. Innerhalb von nur 19 Tagen erreichten die Pflanzen bereits eine Höhe von knapp 60 Zentimeter, was das beeindruckende Wachstumspotenzial von Winterhanf unterstreicht. Sogar als Winterfrucht punktet der Hanf durch seine schnelle Biomasseproduktion und stellt somit eine vielversprechende Option für regenerative Landwirtschaft sowie die Herstellung von Baustoffen und anderen industriellen Anwendungen dar.
Als nächstes ging es um das Thema CBD-Extraktion. Gezeigt wurde dabei die Methode der Wasserdampfdestillation. Diese Veredelungsmethode könnte nämlich die regionale Verarbeitung von Nutzhanf über die Strohnutzung hinaus erweitern. Obwohl die Ultraschallextraktion als Standardmethode aufgrund ihrer Effizienz und des schonenden Umgangs mit Hitze bevorzugt wird, bietet die Dampfdestillation als einfachere Methode interessante Einblicke in das Verhalten von Cannabinoiden und Terpenen im Extrakt. Trotz des Verlusts einiger Terpene entsteht ein reines, klares und aromatisches Öl.
Auch der Anbau von Drachenkopf (Dracocephalum) als andere alternative Kulturpflanze neben Hanf wurde in einer Station vorgestellt. Diese Pflanze bevorzugt warme, sonnige Standorte und erreicht innerhalb von vier bis zehn Wochen ihre Blüte. Besonders im Bereich der ätherischen Öle bietet Drachenkopf interessante Nutzungsmöglichkeiten. Im Kontext der Klimakrise und eines heißer werdenden Klimas könnte Drachenkopf eine klimaresiliente Nutzpflanze für Brandenburg sein. Die Untersuchung solcher alternativen Kulturpflanzen kann zur regionalen Wertschöpfung beitragen und stellt eine Antwort auf die Herausforderungen des Klimawandels dar.
Raphael Doulon von der Hanffarm teilte seine langjährigen Erfahrungen im Hanfanbau. Er zeigte eindrucksvoll, dass Hanf selbstverträglich ist und erfolgreich über mehrere Jahre an derselben Stelle angebaut werden kann. Allerdings betonte er auch, dass dies aus Sicht der Biodiversität nicht überall das Optimum ist. Durch Experimente mit mehrstufigen Anbausystemen und innovativen Nutzungskonzepten erforscht er die Potenziale des Nutzhanfs, insbesondere im Hinblick auf Koppelnutzung, Effizienzsteigerung, Klimaresilienz und Auswirkungen auf die Biodiversität. Seine Arbeit unterstreicht die Anpassungsfähigkeit des Hanfs und dessen vielfältige Einsatzmöglichkeiten.
Unser Projektpartner Wilhelm Schäkel von der Bio Ranch Zempow präsentierte seine üppigen Bestände von Sommerhanf und referierte über Kniffe beim Anbau und der Ernte von Faserhanf sowie dessen Verarbeitung zu Baustoffen. Bei einer Wuchshöhe von etwa 3 bis 4,50 Metern nutzt er weder Pflanzenschutzmittel noch Düngemittel oder Bewässerung. Außerdem konnte er eindrucksvolle Beispiele für den Bodenschutz und den Biodiversitätsschutz aufzeigen und berichtete von seinen Beobachtungen zu den auffällig häufig vorkommenden Wildbienen, die den Nutzhanf als Futterquelle nutzen.
Während des Feldtags ergaben sich in der Gruppe der Teilnehmer*innen auch immer wieder spannende Diskussione über aktuelle Entwicklungen:
- Neue Faseraufschlussanlagen: Bundesweit entstehen neue Anlagen und Techniken zum Anbau und zur Weiterverarbeitung von Nutzhanf. Dies fördert die regionale Wertschöpfung und schafft wirtschaftliche Chancen.
- Kompetenzzentrum NaWaRo: Die Bundesregierung plant die Einrichtung eines Kompetenzzentrums für nachwachsende Rohstoffe in der Lausitz, um Forschung und Entwicklung zu fördern.
- Nachhaltiges Bauen in Europa: Europaweit fördern die einzelnen Länder zunehmend das nachhaltige Bauen. Die Integration von Hanf und anderen nachwachsenden Rohstoffen in die Bauindustrie kann dabei sowohl ökologische als auch wirtschaftliche Vorteile erzielen.
- Diskussion über den Maisanbau: Angesichts des Rückgangs des Maisanbaus aufgrund weggefallener Biogas-Zulagen wurde Hanf als mögliche nachhaltige Alternative erörtert. Mit seiner Fähigkeit zur Bodenverbesserung bietet Hanf ökologische Vorteile gegenüber der monokulturellen Maisproduktion. Allerdings braucht es hier europaweit mehr Sortenvielfalt und einen Ausbau von Lieferketten für die regionale Wertschöpfung.
Der rollende Feldtag verdeutlichte erneut das breite Spektrum an Möglichkeiten, die der Hanfanbau bietet – von landwirtschaftlichen Aspekten über industrielle Anwendungen bis hin zur Förderung der Biodiversität. Die Untersuchung von klimaresilienten Nutzpflanzen wie Hanf und Drachenkopf gewinnt im Zuge des Klimawandels an Bedeutung. Die gewonnenen Einsichten werden in zukünftige Projekte rund um Hanfkalk einfließen und tragen zur nachhaltigen Entwicklung in der Region bei. Die Vernetzung von Spezialwissen fördert zudem die Weiterentwicklung der Hanfbranche. Ein besonderer Dank gilt dem LPV für diese gelungene Veranstaltung.