December 13, 2023

Herausforderung Jungbaumpflege

Der Apfelbaum mit dem Baumhaus der Kindheit, die alte Birne vor dem Fenster, der Orangenbaum in Valencia, der im Winter frische Früchte nach Berlin liefert – Die Frage, welcher Baum im Leben eine besondere Bedeutung hat, schuf einen emotionalen Einstieg in unseren Fachaustausch am Nikolaustag. Knapp 40 Praktiker*innen und Baumliebhaber*innen kamen in Potsdam zuammen, um sich über die richtige Pflege von Jungbäumen im Agroforst auszutauschen und ihre Erfahrungen miteinander zu teilen.

Für Bäume sind Agroforstsysteme oft ein Extremstandort, verdeutlichte Agroforstexperte Philipp Gerhardt in einem kurzen Vortrag, der uns auf den Tag einstimmte. Zu den besonderen Herausforderungen für die Anwuchsphase gehören Wind, Sonne, Austrocknung und gestörte, verdichtete Böden. Erst wenn die Bäume langfristig etabliert sind, können sich diese Bedingungen bessern. Die große Frage des Tages war nun, wie dies gelingen kann. Hierzu zeigten wir den neuen Film des NetzwerkWasserAgri, der auf großer Leinwand Premiere feierte.

Im Anschluss startete die tiefgehende Diskussion der anwesenden Expert*innen entlang von fünf Themenkomplexen. Erster Schwerpunkt war die richtige Bewässerung. Die Teilnehmer*innen sprachen über die Herausforderungen der Pflanzung in den zurückliegenden Dürrejahren und die Sinnhaftigkeit von Tröpfchenbewässerung. Im Folgenden diskutierten wir über das wichtige Thema Beikrautregulierung und Wasserkonkurrenz. Dabei wurden viele Erfahrungswerte zum Einsatz von Mulchmatten und anderen Mulchmaterialien geteilt. Auch mit Schädlingen hatten alle Anwesenden ihre leidliche Erfahrung. Vor allem Wühlmäuse finden im Agroforst perfekte Bedingungen. Wir sprachen über verschiedenen Methoden der Schädlingsbekämpfung wie die Göttinger Fangwanne, Ansitzstangen und Steinhaufen für Raubnager. Zur Frage der Vitalität wurde deutlich, dass die Haftung bei Ausfällen ein großes Spannungsfeld darstellt. Die Agroforstunternehmen haften eigentlich nur für die ordnungsgemäße Pflanzung der Kulturen. Zwar muss immer mit Nachpflanzungen gerechnet werden, doch werden die Systeme von den Landwirt*innen oft nicht optimal gepflegt, da das Know-how fehlt. Bei Ausfällen werden aber dennoch oft Fehler bei der Pflanzung vermutet.

Die Veranstaltung endete mit einem Ausblick auf die Zukunft der Agroforstwirtschaft. Wie kann der Pflegeaufwand bewältigt werden? Braucht es Konzepte wie Solawis, um etwa in einer Stadt-Land-Partnerschaft gemeinsam Verantwortung für Bäume zu übernehmen? Auch hier gab es unterschiedliche Meinungen und Erfahrungswerte unter den Teilnehmer*innen. Während Großbetriebe sich schwer damit tun, Städter*innen auf ihre Flächen zu lassen, ist die bäuerliche Landwirtschaft mit kleinteiligen Solawis längst dabei, die „Landkultur“ zurückzuholen. Vielleicht braucht es doch ein ganzes Dorf, um einen Baum werden zu lassen.

Wir haben die Erkenntnisse des Tages dokumentiert und werden sie bald in einer Kurzbroschüre zur Jungbaumpflege auf der Website www.wasser-retention.de veröffentlichen.

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