Wie sieht eine Klimalandschaft aus?
Wenn man mit dem Auto durch Märkisch-Wilmersdorf fährt, fallen einem besondere Felder ins Auge. Zu einer Seite eine Fläche mit langen geraden Baumstreifen, zur anderen eine Streuobstwiese mit leuchtenden Quittenbäumen in merkwürdigen Halbkreisen. Es sind die Flächen des Betriebes Wilmars Gaerten. Gelegen in der Märkischen Streusandbüchse 36 Kilometer südlich von Berlin werden hier seit fünf Jahren verschiedene Maßnahmen umgesetzt, um die wenigen Niederschläge besser auf den Flächen halten und verteilen zu können. Es ist gelungen, ein Stück weit eine „Klimalandschaft“ mit eigenem Mikroklima aufzubauen. Diese besondere Landschaft durfte das NetzwerkWasserAgri am 04. Oktober während eines Feldtages in intimer Runde besichtigen.
Das oberste Ziel von Betriebsleiterin Maria Giménez ist es Klimaanpassung in der Praxis zu zeigen und Systeme zu erproben, die eine zukunftsfähige Lebensmittelproduktion gewährleisten können. Vor Ort ist der Wassermangel dabei eines der drängendsten Themen, weswegen seit 2018 ein wasserrückhaltendes agrosilvopastorales System im Keyline Design angelegt wurde. Die Planung, Umsetzung und Weiterentwicklung geschah in enger Zusammenarbeit mit dem Planer Philipp Gerhardt. Beide zeigten den Besucher*innen des Feldtags die Bepflanzung mit Obst- und Nussgehölzen, sowie Beerensträuchern entlang der Schlüssellinien des Geländes. Zwischen den Baumreihen grasen seit diesem Jahr auch Rinder und Hühner im Mob Grazing-System. Die Fläche wurde durch eine Kompensationsmaßnahme eines Möbelhauses finanziert. Für Maria Giménez ein guter Weg, auch wenn die bürokratischen Hürden immer noch groß sind. Sie appellierte an das Durchhaltevermögen der Zuhörenden. Diese sollen die Behörden tatkräftig mit ins Boot holen und kreativ vom richtigen Weg überzeugen.
Auf der anderen Straßenseite besichtigten wir anschließend die einfachen vierreihigen Pappelstreifen, welche auf 45 Hektar Ackerland im Abstand von 30 Metern gepflanzt wurden. Ziel dieser Anlage ist es, den Landwirten der Region ein sehr einfaches System mit großer Arbeitsbreite und hoher Nutzungsvielfalt zu zeigen – denn Agroforst muss nicht immer Klein-Klein bedeuten. Die Pappeln bremsen den Wind, was einen großen Teil ihres Wasserretentionseffekts ausmacht. Nach der Pflanzung mussten die Pappelruten nicht gegossen werden, im Gegensatz zu den Bäumen im Keyline-System. Zum Zeitpunkt unseres Feldtags war die Ackerfläche frisch gepflügt, da sich Quecke stark ausgebreitet hatte. Nun soll Wintergetreide gesät und die Ackerstreifen in die Ackerfruchtfolge integriert werden. Maria Giménez will versuchen Direktsaat ohne Glyphosat zu betreiben.
Die Nutzung des Holzes ist noch offen. Wahrscheinlich werden die Bäume teilweise gehäckselt, wonach sie wieder austreiben, und für den Market Garden kompostiert. Zuerst sollen sie aber acht bis zehn Jahre stehen bleiben. Eigener Kompost ist für den Gemüsegarten besonders wichtig, da Gemüsebau eine große Nährstoffzufuhr verlangt und diese möglichst nachhaltig gedeckt werden soll. Im Market Garden wird auf fünf Hektar so viel Gemüse wie möglich produziert, alles rein händisch.
Die Besucher*innen des Feldtages zeigten sich während des Austausches am Nachmittag hoch motiviert und beindruckt. Maria Giménez‘ inspirierendes Wesen macht Menschen einfach Lust auf Neues und Mut – auch zum Scheitern. Für uns haben sich einige spannende Themen für die Wassertagung des NetzwerkWasserAgri Anfang 2023 herauskristallisiert. Informationen dazu folgen hier.